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STUDIEREN IN DEN FÜNFZIGER JAHREN

 

 

Ein Brückenjahr

In dem Chaos nach dem Krieg als das Krisenmanagement in den Händen der vier Besatzungsmächte lag, gab es keine souveräne deutsche Regierung. Die Siegemächte hatten Deutschland in vier Zonen aufgeteilt und die Oder-Neiße Linie als Ostgrenze – zwar vorläufig, aber eindeutig – festgelegt. Danach kam ein Strom von Flüchtlingen aus den nun „ehemals“ deutschen östlichen Landesteilen und weiteren traditionell von Deutschen besiedelten Gebieten. Deren Integration war eine absolute Notwendigkeit. Sie wurde durch Verwaltungsakte gesteuert, ganz konkret durch die Vergabe von noch vorhandenem Wohnraum. Diejenigen, die ihre Immobilie oder Mietwohnung nicht durch Bomben verloren hatten, mussten sich einschränken. So wohnte in dem Haus meiner Großtante im Kurviertel von Bad Lauterberg letzten Endes in jedem Zimmer eine andere Partei/Person. Gewisse Reibereien bei so vielen Menschen auf geringem Raum blieben nicht aus. Meist ging es um die gemeinsamen Wasserstellen und Toiletten und die Unterbringung von Heizmaterial.

Es gab besondere Ausweise für Flüchtlinge und Heimatvertriebene. Inhaber dieser sogar nach a), b), und c) gestuften Dokumente wurden entsprechend bei Rationierungen beim Einkauf von Waren – mit Ausnahme von Lebensmitteln - bevorzugt. Solch einen Ausweis hatte auch meine Tante, die Schwester unserer Mutter, die mit ihren drei Kindern aus Königsberg geflohen war. Natürlich kamen bei uns, die wir nur „umgezogen“ waren, gewisse neidische Gefühle auf. Mir ist aber nicht bekannt, dass es insgesamt größere Verteilungskämpfe gegeben hätte. Schließlich saß man gemeinsam in einem nahezu gesunkenen Boot. Ohne Mangel an Waren für die Primärbedürfnisse, also wirklich privilegiert, lebten lediglich die Angehörigen der Siegermächte. – Und einen Vorteil hatten diejenigen, die private Beziehungen zu den Soldaten herstellen konnten. Meist ging es neben Lebensmitteln gehobenen Standards wie Erdnussbutter oder Schokolade um Zigaretten und Kaffee. Jedoch war die Stimmung damals eindeutig positiv. Man war sich bewusst, dass unsichere, aber friedliche Zeiten vor uns lagen.

Ich komme zurück zu meinem persönlichen Lebensweg. Nach der Schulzeit hatte sich bei mir ein Gefühl der Leere eingestellt. Wie sollte es weitergehen? Ein Studium war angestrebt, aber welches? Die gewisse Parallelität der Disziplinen an der Universität mit den Schulfächern ließ mich an ein Mathe-Studium denken. Der Unterricht hatte mir Spaß gemacht, klares Denken gefordert. Ich verwarf aber den Gedanken sehr bald mit dem Argument „Mathematik ist nichts für Mädchen“. Da würde ich sicher auf lange Sicht nicht mithalten können. Als anvisierter Studienort kam nur Göttingen in Frage, mit der am nächsten gelegenen Universität. Dort hatte meine Schwester an der Pädagogischen Hochschule gerade vier Semester lang ein Lehrerstudium absolviert, 1948-50. So etwas war überschaubar, später könnte man ja darauf aufbauen – und im Ernstfall wäre ein Beruf zum Brotverdienen vorhanden. Und so kam es dann auch.

Allerdings waren die Studienplätze rar. Ehemalige Kriegsteilnehmer wurden bevorzugt aufgenommen und ich war noch sehr jung. Zudem war eine Aufnahmeprüfung angesagt. Der Beruf als Volksschullehrer/in verlangte vielseitige Fähigkeiten und Fertigkeiten, so auch musische, was schon in der Prüfung relevant sein würde, versicherte meine Schwester und empfahl mir, mich erst ein Jahr später zu bewerben. Sie half mir sodann beim Einüben eines Liedes auf der Blockflöte. Ein Instrument zu spielen war für sie eine angenehme Beschäftigung, mir jedoch machte es viel Mühe und kaum Spaß. Das hatte seinen tieferen Grund, wie ich immer noch meine. Denn wenn ich als Kind Lieder sang, deren Texte ich mit Leichtigkeit im Gedächtnis haben konnte, winkte meine Schwester meist ab mit der Bemerkung: Du singst falsch, das stört meine Ohren! Ich bin also „unmusikalisch“, war das Fazit. Nichtsdestotrotz konnte ich im folgenden Jahr mein Lied in der Prüfung vorspielen und wurde somit zum Studium angenommen. Ich weiß auch noch, dass ich damals meinte, ein Mensch kann ja schließlich nicht alles gut können, in allen Sparten erstklassig sein.

Heutzutage liegt die Vielheit eher in den Angeboten, in einer nahezu unüberschaubaren Zahl von Studiengängen, welche, sodann untergliedert in Sparten und Stufen mannigfaltig spezialisiert sind. Was besser ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Die gegenwärtige Fülle von Möglichkeiten scheint den Jugendlichen ebenfalls Mühe zu machen. Und viele ergreifen wie ich damals die Chance, ein Jahr zwischen den Schulabschluss und das Studium einzuschieben. In der Nachkriegszeit schränkten uns die Wartelisten ein, in unserer globalisierten Welt des einundzwanzigsten Jahrhunderts, bei den Enkeln, scheint ein allgemeiner Trend darin zu liegen, sich unter der Überschrift „work and travel“ eine Auszeit zu nehmen und sie mit allerlei Aktivitäten zu füllen.

Damals, 1951, waren die Möglichkeiten bescheidener. Ich versuchte in der Zeit der Orientierung auf lokaler Ebene das Arbeitsleben kennen zu lernen und ging als Praktikantin in die Sozialabteilung der Stadtverwaltung von Bad Lauterberg. Jedoch währte diese Beschäftigung nicht sehr lange, denn die Büroatmosphäre gefiel mir überhaupt nicht. Bedeutend attraktiver fand ich internationale Jugendtreffen – die ja auch dem damals erwünschten Geist der Umerziehung/Reeducation entsprachen und von höheren Stellen unterstützt wurden. So nahm ich an einem Lager des DJN (Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung) teil. Dieser Bund war erst kurze Zeit zuvor in Göttingen gegründet worden – und er existiert heute noch, wie man im Internet erfahren kann.

An diesem Camp hatten auch Holländer/innen teilgenommen, was zu dem Ergebnis führte, dass ich mich bei der späteren Prüfung auf meiner Blockflöte mit einem holländischen Volkslied vorstellen konnte. Noch folgenreicher war meine Teilnahme an einem Arbeitslager in Würzburg im Sommer. Dort sollten wir uns an der Wiederherstellung eines Sportplatzes beteiligen und arbeiteten mit Hacke und Schaufel. Der Lohn bestand aus freier Unterkunft und Verpflegung.

In dieser international sehr bunten Gruppe war man offen für Alles und neugierig auf das Leben anderswo in der Zukunft. Für mich gipfelte das in der gegenseitigen Zuneigung zu einem von Fern angereisten Teilnehmer, einem Algerier namens Choaib. Er war deutlich älter als ich, arbeitete als Deutschlehrer in Tlemcen, einer mittleren Stadt östlich von Algier, hatte in Paris studiert und wollte in dem Camp seine Sprachkenntnisse verbessern. Das interessierte mich und ich lud ihn ein, mit nach Bad Lauterberg zu kommen. Der Moral der Zeit folgend musste in der Jugendherberge übernachten und durfte zu meiner Familie zum Essen kommen. Meine Mutter zeigte sich dabei deutlich geschockt. „Er kann ja noch nicht einmal richtig mit Messer und Gabel essen“, erboste sie sich. Daraufhin fuhr ich notwendigerweise mitsamt meinem Gast nach Bremen, wo meine große Schwester als „Junglehrerin“ schon selbständig wohnte. Dort war die Atmosphäre tolerant und akzeptabel. Für Choaib waren die Sommerferien ohnehin bald vorbei und er reiste ab.

Danach bekam ich viele Liebesbriefe und orientalische Süßigkeiten zugesandt, wofür ich mich höflich bedankte. Sie erschienen mir lediglich sehr aufdringlich – aber einige Zeit später kam ein Heiratsantrag per Post. Meine verbindliche, aber ablehnende Reaktion schien er (kulturspezifisch?) nicht akzeptieren zu wollen oder können, sodass sich unsere Korrespondenz in die Länge zog mit Unsicherheiten der Interpretationen auf beiden Seiten. Schließlich beteuerte ich ihm, dass ich zu der Zeit überhaupt niemanden heiraten wollte, und daher auch kein Versprechen für die Zukunft möglich wäre. Es dauerte Monate, bis er meine Entscheidung als realistisch ansah und akzeptierte. Schließlich war ich ja 18 Jahre alt und somit erwachsen und zeigte mich auch durchaus selbstbestimmt. Wir hatten noch keinen intimen Verkehr gehabt und im Grunde tat er mir leid. Er war nett, freundlich, exotisch – was mich reizte – und höflich, aber ein Leben als Hausfrau in Algerien konnte ich mir nicht vorstellen! Interessant zu berichten ist noch, dass er trotz meiner Ablehnung meinte, wenn es in Deutschland weiterhin so schwierig sei, könne ich ja für einige Zeit nach Algerien kommen, da wären die Lebensumstände deutlich besser. Das war ein ehrliches Angebot. Allerdings zeigte sich, dass das Leben in Deutschland stetig bergauf ging, während in Algerien drei Jahre später die Unruhen zur Erkämpfung der Unabhängigkeit von Frankreich ausbrachen.

In die Zeit des Übergangsjahres fiel auch eine Sommerreise an den Rhein, mit dem Vater per Fahrrad. Die allgemeinen Landstraßen waren für solche Ausflüge noch nutzbar, denn es gab wenig Autoverkehr. Das Fahrrad des Vaters war mit einem Hilfsmotor ausgestattet, das erleichterte für beide die Strecken, die bergauf verliefen, denn man konnte sich mit einer Schnur hinter das motor-gestärkte Vehikel hängen. Ziele der Reise war die schöne Landschaft am Rhein, besonders der Loreley- Felsen. Zugleich besuchten wir Verwandte von Vaters Seite, die Nachkommen eines Bruders. Das Hauptereignis für mich war aber ein Europa-Treffen am Rhein, das wir eher zufällig wahrnahmen. Mich begeisterte eine neue Fahne, das grüne, langgezogene E .

Später unternahmen Vater und Bruder ähnliche touristische Reisen.

 


 

Lehrerstudium 1952-1954

Die nächste deutlich längere Phase meines Lebens war das Studium an der Pädagogischen Hochschule (PH) in Göttingen. Ich fand ein Studentenzimmer bei zwei alten Damen in Göttingen mit einem winzigen Kanonenofen, in den gerade mal ein Brikett zur Zeit hineinpasste, auf dem man aber in einer Pfanne Bratkartoffeln selbst machen konnte.

Im Zimmer gab es eine Schüssel zum Waschen, die Wasserhähne und die Toiletten befanden sich außerhalb. Der monatliche Mietpreis betrug 24,00 DM (Deutsche Mark). Mittagessen gab es in der Mensa für 1,30 DM. Ich erinnere mich an Kartoffeln und Hering. – Meine Vorliebe für Obst und Gemüse konnte ich zu Hause befriedigen. Die ca. 50 km lange Anreise vom Harz nach Göttingen machte ich mit dem Fahrrad. Mein Bruder begleitete mich. Gepäckträger und Satteltaschen enthielten das Umzugsgut.

Wie verlief das Studium an der Pädagogischen Hochschule in den vierziger und fünfziger Jahren? Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen heftigen Debatten im Bildungsbereich erscheinen die damaligen Diskussionen und Praktiken geradezu anheimelnd, friedlich. Die Ausbildung für die traditionelle achtjährige Volksschule kann man als ganzheitlich bezeichnen. Die Absolventen mussten später ja alle Fächer unterrichten. Die Pädagogische Hochschule samt Kollegium und Studierenden war quasi eine pädagogische Provinz. Sie war in Göttingen bewusst neben der traditionsreichen Universität gegründet worden, hatte akademischen Anspruch mit starkem Praxisbezug – und das alles mit Genehmigung der Militärregierung! Der Aufbau geschah zunächst mit geringen Studentenzahlen und Ausbildungszeiten. Die erste Gruppe 1946/47 waren Kriegsteilnehmer (40), für sie galt eine zwei-semestrige Studienzeit. Dem folgte die 4 –semestrige Ausbildungsphase, an der auch meine Schwester Teil hatte. Und ich gehörte zu dem „Übergangsjahrgang“ mit 5 Semestern 1952/54.


 

Die gesamte Ausbildung umfasste damals wie heute eine erste Phase an der Hochschule und eine zweite mit Kandidatenstatus an einer Schule. Während des Studiums waren zwei mehrwöchige Praktika zu absolvieren, eines an einer Stadtschule und eines an einer Landschule, wo die Studenten dann auch wohnen mussten, um das Landleben kennen zu lernen. Man hatte alle Jahrgangsstufen und Fächer im Vezier. Ich erinnere mich an einen eigenen Unterrichtsversuch in ESPERANTO in der Stadtschule einer höheren Klasse und Überlegungen zum Einsatz und Kritik von Filmen ebendort. Das Landschulpraktikum absolvierte ich mit einer Kommilitonin zusammen in dem Dorf Bollensen im Weserbergland. Dort gab es jahrgangsübergreifende Klassen, allein die Erstklässler (vielleicht fünf an der Zahl) wurden gesondert unterrichtet, wenn die anderen eine „Stillbeschäftigung“ bekamen. Die Schule hatte zwei Lehrkräfte, die die Kinder und ihre Familien natürlich genau kannten. Die Planung mit uns Praktikantinnen war bewusst so eingerichtet, dass wichtige Freizeitaktivitäten dabei waren, damit wir den sozialen Aspekt Unterrichtsversuche besser einbeziehen konnten.

Generell war eine Lehrkraft in der Volksschule für alle Fächer zuständig. Nur Sport, Musik, Religion und die Fremdsprache Englisch wurden gesondert behandelt. Die Lehrerbildung war spiegelbildlich aufgebaut. Wichtig war vor allen Dingen die demokratische Ausrichtung und der geltenden pädagogischen Theorie folgend der „pädagogische Bezug“ im Kontakt mit den Lernenden. Das war auch das Prinzip der Pädagogischen Hochschule. Das Studium begann jeweils mit einer musischen Woche oder einer anderen Freizeit zum gegenseitigen Kennenlernen.

Die Studierenden waren in feste Jahrgangsgruppen von 50 bis 60 Teilnehmern organisiert. Es gab einen gemeinsamen Stundenplan mit wenigen Wahlmöglichkeiten. Auch solche Entscheidungen wurden persönlich entschieden.

Ich selbst wollte zur Vertiefung das Fach Religion wählen, wurde aber von dem Dozenten Dr. Stock abgelehnt, als sich im Gespräch herausgestellt hatte, dass ich nur aus Interesse teilnehmen wollte und nicht im Glauben verankert war. Ich war ja auch nicht konfirmiert. Der dazugehörige vorbereitende Unterricht war in der letzten Kriegszeit und danach kein Thema gewesen. Lediglich hatte meine Mutter mich später einmal gefragt, ob ich das nachholen wollte, was ich ablehnte, weil mir der Glaube an die Dreieinigkeit von einem Vater, Sohn und Heiligem Geiste zu irreal vorkam. - Meine Geschwister haben beide nach ihrer Volljährigkeit die Konfirmation im evangelischen Glauben nachgeholt. Mir blieb also an der Pädagogischen Hochschule die Auseinandersetzung mit der Glaubenslehre der eigenen Herkunft verwehrt. Ich wählte dann das Fach Englisch und erhielt in dem Zusammenhang zu Ende des Studiums die entsprechende Facultas für den Unterricht. - Ein freiwilliges Zusatzangebot bestand in Gesprächsrunden nach der „Sokratischen Methode“, die ein im Ruhestand befindlicher Dozent anbot. Diese Zusammenkünfte in kleinstem Kreise habe ich sehr genossen.

Insgesamt war das Lehrprogramm an der Pädagogischen Hochschule durch die sogenannte geisteswissenschaftliche Pädagogik fundiert. Erich Weniger in der Nachfolge von Hermann Nohl galt als ihr führender Kopf. Sie beruhte auf der Lebensphilosophie von Eduard Spranger. Als weitere Vertreter sind Theodor Litt und Andreas Flitner zu nennen. Wie intensiv diese Richtung von den damaligen Studenten aufgenommen worden war, illustriert deutlich die Tatsache, dass man den Ausdruck „wir nohlen“ gebrauchte, wenn das Werk von Hermann Nohl „Charakter und Schicksal“ durchgearbeitet wurde – wie ich von meiner Schwester hören konnte. Erich Wenigers Ansatz hatte seinen Ausgang in der Geschichtsdidaktik. In meiner obligatorischen Semesterarbeit mit dem Schwerpunt in der Pädagogik wählte ich sodann das Thema „Das Verhältnis der Generationen in Erziehung und Bildung“, und stützte mich selbstverständlich auf die Schriften von Theodor Litt. Meine Examensarbeit konnte ich im Fach Englisch schreiben – und sogar auf Englisch – denn ich war in den Semesterferien mehrmals in England gewesen, zum Apple Picking mitsamt deutschen Studenten, und hatte die Sprache dabei erlernen können. Das Thema der Arbeit „Social Changes in Postwar Britain. A study of Local Condition. In the Town of Winchcombe, Gloustershire”.

Der Gutachter war Herbert Kreter, ein Dozent, dem ich Jahrzehnte später noch auf meinem beruflichen Werdegang wertvolle Beratung verdanke.

Am 19. Juli 1954 konnte ich das Zeugnis über die erste Lehramtsprüfung entgegennehmen.


 

Reisen - Faszination Finnland

In diese Studienzeit fielen bei mir auch deutlich weitere Reisen. Die gängige Fahrmöglichkeit war damals „per Autostop“. Bei internationalen Treffen hatte ich Kontakt mit Skandinaviern und insbesondere Finnen bekommen. So trampte ich im Sommer 1953 nach Finnland mit wenig Geld. Einzig für das Visum waren für drei Wochen Aufenthalt insgesamt 21 D-Mark zu zahlen und für die Überfahrt mit der Fähre von Stockholm aus eine ähnliche Summe. Bei einem Stipendium von DM 80,- pro Monat habe ich einige Mark einsparen können und verfügte somit über eine bescheidene Reisekasse.

Warum zog es mich gerade nach Finnland? Die Finnen waren begeisterte Deutschlerner und mochten die Deutschen. „Oh, Deutsche seid ihr!“ hörte man sagen. Solch einen Willkommensgruß hatten wir in anderen Ländern nicht erfahren können.

Ein paar Monate zuvor war ich mit meiner Freundin Heidi nach Süden, Italien, getrampt. Das war eher ein kulturelles MUSS gewesen. Überall tönte es abschätzig „Ach, Deutsche!, tedesco“ in unsere Ohren. In der Schweiz bekamen wir als Rucksack-Touristen in billigen Quartieren zudem zu hören, dass man als Gäste Engländer bevorzuge, die 6 Jahre zuvor für ihren Urlaub gespart hätten. Solche Erfahrungen waren für mein späteres Leben prägend, wobei die positive Einstellung der Finnen eine deutlich stärkere Wirkung ausübte als die Sehnsucht nach dem Süden, die vor allem durch das schulische Bildungsangebot motiviert war. Nach Rom musste man fahren, dort war die Wiege unserer Kultur und auch Goethe hatte sich nach dem Land „wo die Zitronen blühen“ gesehnt. Als Mitfahrgelegenheiten hatten wir oft amerikanische Offiziere, die von Bremerhaven kommend lange Strecken bis in ihre Militärzone im Süden Deutschlands durchfuhren. In Norditalien haben wir die erste Pampelmuse/Grapefruit gesehen, gekauft, gegessen: ein Fest mit etwas saurem Beigeschmack. Apfelsinen und Zitronen waren in Deutschland ja bekannt, aber Pampelmusen?

Dann gab es Meinungsverschiedenheiten mit Heidi und wir trennten uns, sie reiste zurück nach Norden, ich allein weiter nach Süden. Da konnte ich hautnah erfahren, dass die natürlichen Gegebenheiten und soziokulturellen Gewohnheiten im Norden und Süden Europas sehr gegensätzlich waren. In Finnland konnte man sich als junges Mädchen im Allgemeinen auf der Landstraße und in den Städten allein und sicher bewegen. Sogar habe ich einmal im Straßengraben übernachtet.

Kommunikation und Kontaktaufnahmen verliefen im wärmeren Süden völlig anders als im Norden. Meine Unterkunft in Rom war ein internationales Youth-Hostel. Die historische Metropole Rom, einschließlich des Vatikans musste zu Fuß besichtigt werden. Dazu sind mir zwei Erlebnisse unvergesslich. Die erste Begegnung ereignete sich folgendermaßen: Bei meinem Rundgang um den Vatikan frage ich einen zugegebenermaßen schicken Polizisten nach den Öffnungszeiten. Er hatte mich durchaus verstanden, antwortete jedoch: heute Nachmittag bin ich frei, um 16 Uhr! Ich kam der freundlichen Aufforderung nicht nach. Die zweite Begebenheit war noch verblüffender für mich: Als ich an einem anderen Tag durch die engen Straßen der Stadt flaniere hält ein Auto neben mir an und der Fahrer lädt mich ein, mitzufahren. Ich weise das zurück – allerdings lächelnd – und gehe weiter, schlau, wie ich meinte, biege ich schließlich in eine Einbahnstraße ein. Die Verkehrsregeln ignorierend folgt mir das Auto in der verbotenen Richtung! Solch ein Verhalten hatte ich mir nicht vorstellen können. Ähnliche Annäherungsversuche gab es natürlich auch bei den Auto-Stop Mitfahrgelegenheiten in anderen Ländern. Deutlich weniger jedoch in Skandinavien.

Wie kam es schließlich dazu, dass ich meine berufliche Perspektive nach Finnland ausrichtete? Nach dem Abschluss meines PH - Studiums mit der Ersten Lehrerprüfung meldete ich mich nicht zum Schuldienst in Niedersachsen. – Es wäre die zweijährige Phase als Junglehrerin gewesen.- Stattdessen folgte einer Einladung nach TORNIO, das ist eine kleine Stadt am nördlichen Ende des Finnischen Meerbusens, gewissermaßen eine Parallelstadt zu dem schwedischen HAPARANDA. An dem dortigen Lehrerseminar sollte ich den Studenten Deutschunterricht erteilen. Wie kam es dazu? In einem internationalen Lager hatte ich eine Dozentin von dort kennen gelernt und war völlig begeistert, dass es irgendwo auf der Welt noch eine positive Einstellung zu uns Deutschen gab und unsere Sprache und Kultur hochgeschätzt wurde. Diese meine erste längere Begegnung mit Finnland kann ich als „authentisches Erlebnis „ bezeichnen. Ich war jung, gerade mal 21 Jahre alt, neugierig und extrem aufnahmefähig. Eine starke Motivation bestand sicherlich darin, von „Bloody old Germany“ fort zu kommen, ein Gefühl, das mein späterer Mann Bernhard mit mir vollständig teilte und nahezu verstärkte, da er noch mehr als ich unter der historischen Last unserer deutschen Vergangenheit litt. Damals, 1954, war ich noch völlig ungebunden. In der Weite der finnischen Natur mit der dünnen Besiedlung fühlte ich mich naturnah, gut aufgehoben und wollte heimisch werden, also auswandern und dort begraben werden. - So ruhig und gradlinig verlief mein weiteres Leben dann doch nicht!

Meine Kontaktperson, Marjatta K., war Dozentin für Biologie. Sie nahm mich zuallererst in ihre Wohnung auf und vermittelte mir dann ein Zimmer bei Nachbarn im gleichen Wohnblock. Meine Wirtsleute waren das Ehepaar Kuistio, der Mann ein pensionierter Oberst des finnischen Heeres, der aktiv an den Kriegen mit Russland teilgenommen hatte und selbst dann als Flüchtling aus dem verloren gegangenen Karelien umgesiedelt worden war. Oft beklagte er den Verlust von Wiburg -Viipuri, welches seine frühere Heimat gewesen war. Die Erinnerungen an das Kriegsgeschehen waren zudem regelmäßig mit dem Bedauern darüber verknüpft, dass die Waffenbrüderschaft mit Deutschland notgedrungen hatte aufgegeben werden müssen. Die Eheleute sprachen ein wenig Deutsch, ebenso wie Marjatta, sodass ich nicht ganz ohne Kommunikationspartner verloren war. Jedoch begann ich sofort mit dem Erlernen der finnischen Sprache. Der einzige Sohn der Familie hatte die Oberschule mit dem Abitur abgeschlossen und studierte nun in der Hauptstadt Helsinki, eine Tagesreise entfernt, und somit gab es ein freies Zimmer. Das Ehepaar behandelte mich wie ihr eigenes Kind und hätte mich auch gerne als Schwiegertochter gesehen. – Daraus wurde jedoch nichts.

Ich wurde also Lehrkraft an den höheren Bildungsanstalten, dem Lehrerseminar und der örtlichen Volkshochschule. An die „Qualität“ und Art meines Unterrichts kann ich mich kaum erinnern. Man sah in mir allgemein die Deutschland-Expertin, was natürlich eine Überforderung für mich war. Insbesondere fühlte ich mich nicht fit bezüglich der deutschen Literatur und besorgte mir ein Lehrbuch der Realschule als Quelle für den Unterricht. In dem Zusammenhang knüpfte ich erste Kontakte zum Goethe-Institut – das damals alleinig das Gebiet Deutsch als Fremdsprache vertrat und zur Pflege der deutschen Sprache und Kultur im Ausland gegründet worden war. - Als „Weltsprachen“ galten generell Französisch, Deutsch und Englisch, etwa in der Reihenfolge, wobei in Skandinavien Deutsch traditionell an erster Stelle stand. Gegenwärtig hat sich bekanntlich Englisch als einzig anerkannte Lingua Franca weltweit durchgesetzt. Hier eine Aufnahme des Lehrerkollegiums in Tornio.


 

Eindrücke – Sprache und Kultur

In meiner Zeit in TORNIO haben sich die sozialen Kontakte mit den Einheimischen, die Bemühung um das Erlernen des Finnischen und die gemeinsamen Naturerlebnisse stark in mein Gedächtnis eingeprägt. Da die gebildeten Einwohner des Ortes in mir eine Chance sahen, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und mit mir unbedingt deutsch sprechen wollten, entschloss ich mich, einige Zeit in einer Fabrik zu volontieren, um in deren Sprache „einzutauchen“. Man stellte Erbsenwurst her und ich wurde mit dem Schälen von Zwiebeln beschäftigt. In den Pausen beim Essen gab es reichlich Gelegenheit zum Kommunizieren auf dem Niveau einer Lernenden.

Für Mitteleuropäer gilt die Finnische Sprache als schwer und da sie die Muttersprache eines kleinen Volkes von nur ca. 5 Millionen Einwohnern ist, wird sie im Ausland wenig beachtet und gelehrt. Umso mehr werden dann andererseits die Bemühungen eines Fremden geschätzt. Dass es nicht leicht ist, Finnisch zu lernen, kann ich bestätigen. Ich brauchte etwa ein halbes Jahr, um mir das finnische Wort für FAHRRAD = POLKUPYÖRÄ zu merken. Ist man aber einmal in die Logik der Sprache mit ihren Strukturprinzipien eingestiegen, kommt einem alles ganz natürlich vor. Aus den lexikalischen und grammatischen Elementen, von denen eine gewisse Menge bekannt sein muss, lassen sich Zusammensetzungen transparent machen. Das Lesen ist sowieso sehr leicht, weil wegen der erst nach der Trennung von Schweden Ende des 19.Jahrhunderts eingeführten finnischen Schriftsprache das Prinzip ein Laut - ein Buchstabe herrscht. Das regelmäßige Strukturprinzip der Grammatik und des Wortschatzes als Grundausstattung der Sprache trifft übrigens auch für das Türkische zu, da beide Sprachen zum agglutinierenden Typ gehören, der die Endungen besonders betont. Es gibt hier also eine strukturelle Sprachverwandtschaft. Die uns näherstehenden indo-europäischen Sprachen hingegen verfügen über Veränderungen im Wortstamm, die sog. innere Flexion, wie etwa am Beispiel singen-sang-gesungen unschwer zu erkennen ist. Auch ist bezüglich der Erlernbarkeit des Lesens und Schreibens eine Parallelität zwischen dem Finnischen und dem Türkischen zu vermerken. Denn im Zuge der Reformen Atatürks wurden im Jahre 1928 die im Osmanischen Reich benutzten arabischen Buchstraben durch die lateinischen ersetzt. Entsprechend schwierig ist es für die finnischen und türkischen Muttersprachler, die Struktureigenheiten unserer Sprachen zu verstehen und unsere historisch geprägten Schriftsysteme zu erlernen. - Nebenbei sei vermerkt, dass finnische und türkische Erstklässler, die im Herbst eingeschult werden, jeweils zum Jahresende schon lesen können!

In der Praxis habe ich bezüglich dieser linguistischen Gegebenheiten schon in Tornio einige Erfahrungen sammeln können, als ich gebeten wurde, einem älteren Handwerker, der nur Finnisch konnte, Englisch beizubringen. Er hatte es zu einem bescheidenen Wohlstand gebracht und wollte noch einmal ins Ausland reisen. Aber mit seiner Sprache konnte er praktisch nur bis Stockholm kommen, wo es - damals jedenfalls - eine recht kleine finnisch- sprachige Gemeinde gab. Trotz seiner starken Motivation und meiner Bemühungen konnte er sich am Ende nur wenige Sätze einprägen und beklagte dauernd seinen „harten Kopf“ = Kova pää!

Meine starke Verbundenheit mit Finnland war damals Mitte der fünfziger Jahre und später nie mit der Liebe zu bestimmten Personen verbunden. Es war einfach das Klima im weitesten Sinne, was mich faszinierte. Das galt für die Naturgegebenheiten ebenso wie für die soziale Lebensweise. Insbesondere bewunderte ich das Verhältnis der Finnen zu ihrer Heimat und eigenen Geschichte. Es war ein unbeschwerter, nahezu fröhlicher Patriotismus, der sich vor mir auftat, von dem man bezüglich Deutschlands nur träumen konnte.

Historischer Exkurs: Da die Finnen im Zuge der Schulleistungstests Anfang unseres Jahrtausends als PISA- Sieger viel Aufmerksamkeit bekommen haben und man bis heute über die Ursachen rätselt, scheint es angebracht, ein paar weiter ausholende Bemerkungen an dieser Stelle einzuschieben: Die finnische Region am nordöstlichen Rand von Europa existierte Jahrhunderte lang als Herzogtum Teil von Schweden mit relativer Autonomie. Von dort her kamen die kulturellen Einflüsse und auch die religiöse Orientierung. Das wiederum beruhte auf Entwicklungen in Deutschland. Hier sei angemerkt, dass der Reformator Finnlands, Agricola, ein direkter Schüler Luthers gewesen ist. Schweden als Großmacht im Ostseeraum verlor jedoch seine beherrschende Stellung nach dem verlorenen Nordischen Krieg 1721 und musste Teile Kareliens im Osten von Finnland an Russland abtreten. 1809 ging die Vormacht in der Region dann mit Peter dem Großen völlig an das Zarenreich über und Finnland als Ganzes wurde ein Herzogtum unter russischer Herrschaft. Unter Alexander II gab es eine sehr liberale Verwaltung mit weitreichender Autonomie. So blieb auch die offizielle Sprache der Verwaltung des Landes Schwedisch. – Diesem Zaren haben die Finnen ein Denkmal gesetzt, welches noch heute auf dem zentralen Platz der Hauptstadt Helsinki steht. – In der Nachfolge Alexanders setzte dann eine Russifizierungspolitik ein, die Widerstände auslöste. Die Kräfte des Nationalen erwachten. Mir wurde damals in Tornio dieser Meinungsumschwung mit folgender Erklärung vermittelt:

Schweden durften wir nicht mehr sein, Russen wollten wir nicht sein, also mussten wir Finnen werden!

Die ideelle Grundlage dieser nationalen Bewegung lässt sich auf die Geistesrichtung der deutschen Romantik zurückführen. Explizit bezog man sich auf die Arbeiten Herders. Die finnische Oberschicht war schwedisch-sprachig. Die Bauern sprachen finnisch, zudem in verschiedenen regionalen Dialekten. Finnisch als Schriftsprache hatte es bis dahin nicht gegeben, weshalb die Muttersprache der Mehrheit in der Rechtsprechung und im Schulwesen keinen Platz hatte, als die sozialen Kräfte die nationale Identität und Selbstbestimmung einforderten. Erwähnt sei hier ein interessantes Detail: Die neu gegründete Gesellschaft zur Pflege der finnischen Sprache musste erkennen, dass es nicht einmal möglich war, ihre Protokolle auf Finnisch zu schreiben. Die Aufgabe bestand also darin, das Finnische zu normieren, zu entwickeln und literaturfähig zu machen. Den geistigen Führern, den sog. Fennomanen oder Fennophilen gelang es dann, die Oberschicht gegen den Einfluss des Russischen zu mobilisieren und für das kulturelle Ziel der Eigenständigkeit zu gewinnen. Man gründete finnisch-sprachige höhere Schulen für den eigenen Nachwuchs und unterzog sich selbst der Mühe, im Erwachsenenalster noch Finnisch zu lernen und die Sprache neben dem Schwedischen in der Familie zu nutzen. Ich denke, das ist eine ungewöhnliche Art der Entwicklung von Zweisprachigkeit. Die höchste Bildungsstufe auf Universitätsniveau erfolgte zu der Zeit außerdem fraglos auf Lateinisch. 1749 war die erste schwedisch-sprachige Dissertation an der Turkuer Universität verteidigt worden, mehr als hundert Jahre später erfolgte derartiges auf Finnisch. ( Quelle: B. Collinder, Finnisch als Kultursprache, Hamburg 1965) Heutzutage gibt es auch englischsprachige Hochschulstudiengänge.


 

Ich habe diese Zusammenhänge damals in meiner Jugend kaum gekannt. Ich wunderte mich lediglich über die starke Vaterlandsliebe besonders in der Mittel- und Oberschicht, als eine Bekannte mir sagte; „Wir, die Gebildeten, müssen Kinder kriegen und gut erziehen, um unser Volk zu unterstützen.

Das Wetter in Finnland habe ich als trocken und klar erfahren und infolge der tiefen Temperaturen und der Dunkelheit im Winter natürlich auch als anstrengend. Man zieht sich dann in die Behausungen zurück, die mit meterdicken Mauern und Doppel- oder sogar Dreifachfenstern ausgestattet sind, und heizt! Vielleicht liegt auch hierin einer der Gründe für das hohe Maß an Lesefreudigkeit der Menschen, ihre Zuverlässigkeit und Durchhaltefähigkeit. Letztere wird als typisch finnisch empfunden und mit dem Wort SISU bezeichnet, das im Grunde als unübersetzbar gilt. Die SAUNA als beliebte und notwendige Wärmequelle hat sich ja sogar mitsamt dem Wort in Mitteleuropa durchgesetzt.

In dem Jahrein Tornio hatte ich mich einem Wanderklub angeschlossen. Man traf sich regelmäßig zu festen Zeiten und das Motto war „ Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung!“ Im Gelände konnte man Kaffee kochen, trockene Äste für das Feuer fanden wir in der Natur, und das nötige Wasser wurde aus Schnee gewonnen. Zu Ostern ging es dann zum Skilaufen weiter nach Norden, in die sog. lappländischen Alpen (tunturi). Dort gab es reichlich Hügel ohne Bewaldung (Baumgrenze). Warum aber erst zu Ostern? fragte ich. Zur Erklärung hieß es: zu der Zeit liegt nochgenügend Schnee, die monatelange Dunkelheit ist überstanden und die Sonne strahlt schon ab 10 Uhr morgens vom Himmel. Auch sind die Temperaturen nicht mehr unter minus 20 Grad. Leider habe ich mir dort bei einem Sturz einen Gelenkbandriss im linken Knie zugezogen, dessen späte Auswirkungen ich noch heute verspüre. Jedenfalls bin ich nach der vielstündigen Heimreise mit dem Linienbus dann im Krankenhaus in Tornio gelandet und wochenlang mit Gips am Bein gepflegt worden, und hatte gute Gelegenheit mit den Krankenschwestern mein Finnisch zu verbessern. Es dauerte danach noch sehr lange, bis ich wieder Fahrrad fahren konnte.

Bei dieser gemeinsamen Reise wurde mir auch das allgemeine Problem der Finnen im Umgang mit Alkohol bewusst. Ich wunderte mich, dass zu den Ausrüstungsgegenständen, die in die Rucksäcke kamen, auch Schnaps gehörte. Der Grund, in nationalen Gesetzen war geregelt, dass alkoholische Getränke nicht in kleinen Orten und in den Großstädten nur in Seitenstraßen verkauft werden durften. Also musste man sich für einen Ausflug gut eindecken. Und was passierte dann in unserem Lager, als die mitgebrachten Flaschen leer waren und wir noch zwei Tage Aufenthalt vor uns hatten? Man beauftragte den Busfahrer am Vorabend mit dem Einkauf von Nachschub in der Provinzhauptstadt Rovaniemi – und so kam am folgenden Morgen die gewünschte Sendung in die Einsamkeit der Berglandschaft!

Die großen Gegensätze der Jahreszeiten im hohen Norden mit Licht und Dunkelheit, strahlender und wärmender Sonne am blauen Himmel im Sommer und Dunkelheit mit klirrender Kälte und weißem Schnee im Winter sind die prägenden Lebensbedingungen der dortigen Bevölkerung. Sehr intensiv wird dann im Frühjahr die Natur beobachtet, wenn der Schnee und das Eis schmelzen und die dicken Eisbrocken den Torniofluss hinabströmen bei herrlichem Sonnenschein im Mai!

Die Finnen gelten als ernst und wortkarg. Für mich war dann sehr verblüffend, dass sie gerne Theater spielen und bei Feierlichkeiten, insbesondere nach einem Saunagang, sehr aufgeräumt sind. Das gilt auch für die großen Feste Weihnachten mit der langen Nacht und den Johannistag mit der Sommersonnenwende. Vor Weihnachten werden unzählige Vorweihnachtsfeiern organisiert, Klein-Weihnachten, PIKKU-JOULU genannt. Viel Spaß hat man auch am Vorabend des 1. Mai, wenn VAPPUA besonders von der Jugend fröhlich gefeiert wird.

Der 6. Dezember ist der Nationalfeiertag in Finnland. Vor mehr als 100 Jahren, 1917, wurde die Unabhängigkeit des Landes ausgerufen und die Republik 1920 als selbstständiger Staat international anerkannt. Seitdem gibt es diesen enthusiastischen, ungebrochenen Nationalismus, ein Zustand, der einem Deutschen die eigene wechselvolle und belastende Geschichte deutlich vor Augen führt. Die Außenpolitik Finnlands ist traditionell sehr umsichtig, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es in dem dünn besiedelten Land eine mehr als 1000 km lange direkte Grenze zu Russland gibt. Man hütet sich, den großen Nachbarn zu provozieren. Finnland ist bis vor kurzem kein Mitglied der NATO. Wir können nur mit Respekt und eine wenig Neid registrieren, dass Finnland in Wahrheit keine Feinde hat, ein angenehmes Lebensgefühl!

Finnland ist gegenüber Einflüssen aus dem Ausland sehr aufgeschlossen, ein Charakteristikum, das wohl allen kleinen Völkern zukommt. Umso größer ist der Stolz, wenn die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf das eigene Land gerichtet ist. Das gab es besonders in den fünfziger Jahren, als Helsinki Austragungsart der Olympischen Spiele war und gibt es auch heute noch beim Spitzensport. Zudem stammt die allererste Schönheitskönigin, die 1952 gekürt wurde, aus Finnland. Es ist ARMI KUUSELA. Sie machte eine Weltreise im Scheinwerferlicht und im Jahre 1954 fuhr sie zusammen mit ihrem philippinischen Mann in einem Sonderwagen mit der Eisenbahn durch Finnland. Sie machte auch in Tornio Station. Das Volk konnte das Paar leibhaftig kennen lernen – ich auch . Um meiner Mutter einen Eindruck meiner neuen Wahlheimat zu vermitteln, habe ich damals Bilder aus einer illustrierten Zeitung ausgeschnitten und in einen Zeichenblick eingeklebt, ihr als Geschenk gemacht. Das hat sie sorgsam aufgehoben, sodass es dieses Exemplar heute noch gibt. Im Folgenden ein paar Aufnahmen davon.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Angemerkt sei hier zudem, dass man mich zur Fußballweltmeisterschaft des deutschen Teams 1954 mit einem Früchtekorb beglückwünschte, was mich in doppelter Hinsicht sehr überraschte und nahezu beschämte, denn ich hatte, das deutsche nationale Ereignis noch nicht einmal registriert und im Gegensatz zu anderen Ländern waren frische Früchte im hohen Norden eine sehr wertvolle Gabe! - Meine Schwester hat mich zu Weihnachten besucht, und wir haben gemeinsam bei einer PIKKU-JOULU Veranstaltung ein deutsches Lied auf der Blockflöte dargeboten – bis heute mein einziger musikalischer Auftritt! Im Sommer war sie dann nochmals gekommen. Wir machten eine Reise weiter nach Norden zur Mitternachtssonne, die uns in Ihrer Herrlichkeit aber auch wegen der großen Mückenplage dauerhaft im Gedächtnis geblieben ist. Sie bestellte sich dann ein typisch finnisches Möbelstück, einen Schaukelstuhl, der noch heute in ihrem Wohnzimmer genutzt wird.

In der restlichen Zeigt des Sommers, bei dem man wegen der ständigen Helligkeit schließlich auch Mühe hatte, genügend Schlaf zu finden, nahm ich einen Job im Hafenkontor von Tornio an. Die aus der weiten Welt ankommenden Schiffe, luden zumeist Holz aus dem nordischen Wald, welches den Fluss hinunter geflößt worden war. Meine Arbeit bestand darin, für den Hafenkapitän den Briefwechsel in mehreren Sprachen zu erledigen. Sehr bald wurde mir klar, dass es jeweils nur darum ging, einen Vorschuss für die anstehenden Hafengebühren einzufordern. Somit waren die sprachlichen Anforderungen recht gering, da immer die gleichen Formulierungen benutzt wurden, wie „bitte überweisen Sie uns bis zum Tage X die Summe Y auf unser Konto Z. Außerdem trafen nicht jeden Tag neue Schiffe ein, sodass ich wenig ausgelastet war.

Der Hafen von Tornio war nur im Sommer eisfrei, es gab dort auch keine Ansiedlung, sodass ich wenig Abwechslung hatte. Mein einziger Kollege war extrem wortkarg, wir hatten uns auch nicht viel zu erzählen, und so wurden mir die Stunden im Büro oft zu lang. Das Warten auf Schiffe kam mir wie verlorene Zeit vor. Ich beklagte mich darüber beim Chef und er meinte, ich würde doch bezahlt – eben auch für das Nichtstun und sollte also zufrieden sein. Alsbald stellte sich bei mir aber eine geistige Leere ein. Nach den Bürostunden ging ich im Meer schwimmen gehen, kam sogar bis zu einem auf rede liegenden Schiff. Das war sehr angenehm, konnte mich aber nicht ganz befriedigen.

Ich beschloss daraufhin, in Helsinki ein weiteres Studium anzuschließen, und begann, dafür zu sparen. Eine Reise dahin und die Bemühung um Aufnahme an der Universität brachte allerdings kein positives Ergebnis. Man bedeutete mir, dass ich das finnische Abitur nachzuholen hätte. Die Idee fand ich ziemlich abwegig, denn nach meiner Meinung sollte ein deutscher Gymnasialabschluss doch wohl gleichwertig sein! Außerdem hatte ich ja schon eine Lehrerausbildung abgeschlossen. Die Einschätzung beruhte vermutlich wohl darauf, dass zu der Zeit in Finnland der Umgang mit ausländischen Studenten noch in weiter Ferne lag. Somit beschloss ich, vorerst nach Deutschland zurückzukehren, auch in der Hoffnung, weiterhin finanzielle Unterstützung vom eigenen Staat für ein Zweitstudium zu bekommen. Letztlich wollte ich ja Deutschlektorin in Finnland werden und kam zu der Überzeugung, bei einer Bewerbung von Deutschland aus bessere Chancen zu haben. Das hat sich später dann als realistisch erwiesen.



 

Zweitstudium Finno-Ugristik 1955-1960

Ich verließ also Finnland, kam zunächst bei meiner Schwester in Bremen unter und konnte wegen des dortigen Lehrermangels kurzfristig an einer Sonderschule arbeiten. Man bot mir eine einschlägige Zusatzausbildung dafür an mit der Auflage, in den folgenden fünf Jahren im Bremischen Schuldienst zu arbeiten. Das entsprach nicht meinen Zukunftsplänen – und zum Wintersemester 1955/56 ließ ich mich dann in Göttingen an der Philosophischen Fakultät für den Studiengang Finno-Ugristik einschreiben.

Dieses Fach war und ist heute noch ein sog. „Orchideenfach“. Damals gab es nur die Promotion als einzigen Abschluss. Wenn man uns, etwa drei bis fünf Studenten, fragte, was wir später werden wollten, konnte man nur „Professor“ sagen. Aber wie viele mögliche Stellen gab es in der BRD damals und auch heute noch? Sehr wenige – es war also kein Studium zum Brotverdienen. Ich hatte als Rückversicherung zumindest die Möglichkeit, später in den Niedersächsischen Schuldienst einzutreten.

Mein Ziel war jedoch ein Deutschlektorat in Finnland – und daher wählte ich zu meinem Hauptfach das Nebenfach Germanistik, welches im Gegensatz zur Finno-Ugristik ein Massenfach war und ist. Als zweites Nebenfach konnte ich Turkologie belegen, ebenso wie mein Hauptfach ein sehr ausgefallenes Gebiet. Die Motivation dafür war zum einen die typologische Sprachverwandtschaft, und zum anderen erschien mir der zuständige Professor sympathisch. Allerdings war dieses Universitätsfach ohne gute Ausstattung und von meiner Seite gab es auch wenig Engagement zum Erlernen der türkischen Sprache. Niemals würde ich in das ferne orientalische Land reisen, dachte ich. Man konnte in den fünfziger Jahren ja nicht ahnen, dass infolge einer bedeutenden Zuwanderung aus der Türkei diese Sprache später in Deutschland eine wichtige Rolle spielen würde.

Die Gewährung der staatlichen Unterstützung für ein Zweitstudium nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFÖG) war schließlich gesichert, und so wurde Göttingen für die nächsten fünf Jahre wieder mein ständiger Wohnsitz.

Mein akademischer Lehrer war der ungarisch-stämmige Professor Julius von Farkas, geboren 1894 in der Kaiserlich-Königlichen Doppelmonarchie. Er war ein ausgewiesener Gelehrter mit zahlreichen Veröffentlichungen auf dem Gebiet der ungarischen Sprache und Literatur. 1947 hatte er das finnisch-ugrische Seminar an der Göttinger Universität gegründet.

Das Fach, auch finnisch-ugrische Philologie genannt, war sehr breit aufgestellt. Es umfasste inhaltlich sowohl die Sprachen und Kulturen der zugehörigen Völker unter linguistischen und literarischen historischen Perspektiven. Für die Studierenden kam hinzu, dass sie die sehr fremden Sprachen allererst erlernen mussten. Man wählte jeweils den Schwerpunkt im finnischen oder ungarischen Bereich. Ich war zweifellos auf der finnischen Seite.


 

Es gelang mir im Herbst 1956, ein Stipendium für einen 2-semestrigwen Studienaufenthalt in Finnland zu bekommen. An der Universität in TURKU wurde ich immatrikuliert und konnte meine Finnisch-Studien intensivieren. Am 13.4.1975 bestand ich die Jahresabschlussprüfungen zum Nachweis der Fachkenntnisse im Finnischen und den verwandten Sprachen. Die Klausur hatte in der Amtssprache stattgefunden. – siehe Fotos.

In Turku gab es auch einen Anfängerkurs zum Erlernen der russischen Sprache, an dem ich teilnahm. Dabei verblüffte mich die Nähe des Russischen zum Deutschen, da beide Sprachen indogermanische Wurzeln haben. Das finnisch-sprachige Lernangebot zeigte mir sehr deutlich die strukturelle Entfernung der finnisch-ugrischen Sprachen von der europäischen Sprachfamilie. Es gibt auch verhältnismäßig wenige international gebrauchte Lehnwörter. – siehe Fotos des Lehrwerks, das auf Deutsch „Praktische Lehrbuch des Russischen“ lauten würde.

In meiner freien Zeit habe ich zusätzlich noch deutschen Konversationsunterricht an einer Turkuer Gesamtschule erteilt. Dabei konnte wertvolle kulturelle Erfahrungen bezüglich des kommunikativen Verhaltens der Finnen.


 

Zurück in Göttingen war ich dann von Januar bis Dezember 1958 als akademische Hilfskraft im Seminar tätig, und konnte so meine finanzielle Situation aufbessern. Das finnisch-ugrische Seminar war gewissermaßen wie eine Familie. Man kannte sich persönlich, machte gemeinsame Ausflüge und war als „Hörer“ für die Veranstaltungen der Lehrenden existentiell, wegen der geringen Studentenzahl.


 


 


 



 


 

Im studentischen Umfeld in Göttingen lernte ich BERNHARD SCHWENK kennen. Er hatte wie ich ein Lehrerstudium absolviert und befand sich im Aufbaustudium mit dem Ziel einer Promotion. Zu der Zeit waren die Studienplätze in der Philosophischen Fakultät sehr begehrt. Er hatte einen Studienplatz im Fach Pädagogik bekommen und als Zweitfach Geschichte gewählt. Gemeinsam besuchten wir die Vorlesungen des Philosophen JOSEF KÖNIG und hatten stets anregende Gespräche. Meine Faszination zu Finnland übernahm er unmittelbar und war überzeugt, dass ein Entkommen aus dem zerstörten Deutschland für unsre gemeinsame Zukunft gut sei. Wir heirateten sodann im Juli 1959 in Göttingen. Es war eine studentische Eheschließung, die vom Termin her vor meiner Promotion geplant wurde, da ich als Frau – wie es zu der Zeit gang und gäbe war - den neuen Zunamen SCHWENK statt DREKMANN - rechtzeitig in meine akademische Laufbahn einbringen wollte.

Die Anregung zu meiner Doktorarbeit mit dem Titel „Das Passiv im Nordostjakischen“ bekam ich von Prof. Dr.Julius von Farkas. Er war im Zusammenhang mit seinen Arbeiten über die Entstehung der ungarischen Konjugation auf das Problem des Passivs gestoßen, Denn in den dem Ungarischen verwandten Sprachen der Wogulen und Ostjaken gab es vollständige Paradigmata für persönliche passivische Formen. Diese kleinen Volksgruppen, Obugrier genannt, leben in Westsibirien vor allem an der Mündung des Flusses Irtysch in den Ob. Ihre Eigenbezeichnung ist die der Mansi und Chanti. Eine syntaktische Untersuchung mit dem Schwerpunkt auf den Verben versprach für die Fachwissenschaft aufschlussreich zu sein.

Meine Quellen waren die Aufzeichnungen von drei Forschungsreisenden aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Es handelte sich um mündlich überlieferte Erzählungen, Märchen Heldenlieder und Bärenlieder. Ihnen waren zumeist nur Übersetzungen in ungarischer Sprache beigegeben, was die Untersuchung für mich recht schwierig machte. Das einzig modernere Hilfsmittel war eine Chrestomathie von Wolfgang Steinitz aus dem Jahre 1934. Steinitz war der Leiter des finnisch- ugrischen Instituts der Humboldt-Universität in Ostberlin, zu dem der Kontakt wegen der deutschen Teilung sich recht schwierig gestaltete.

Somit erwies sich die Untersuchung für mich als sehr herausfordernd. -Heutzutage gäbe es deutlich mehr Hilfsmittel! Alles wurde von Hand bearbeitet. Nach der Sammlung der ca. 3000 Belege von Verbformen erfolgte eine Ordnung nach der Bedeutung anhand der zugehörigen Satzglieder. die Darstellung musste sich auf Beispiele beschränken. Besonders interessant fand ich die intransitiven Verben mit dem Inhalt kommen, ankommen, gelangen. (vgl. Foto von S. 57)

Nach dem auf der Schreibmaschine fehlerfrei zu schreibenden Text mussten die diakritischen

Zeichen per Hand ergänzt werden. Zur Veröffentlichung waren sodann 50 Exemplare für die

Bibliotheken der Universitäten herzustellen. Auch das erfolgte per Hand im Matritzendrucker

mit blauer Farbe und Spiritus.- Wir lebten in einer Zeit noch vor der Entwicklung von Fotokopien.

Gegen Ende meines Zweitstudiums in dem Orchideenfach Finno-Ugristik hatte es noch eine gravierende Komplikation gegeben. Der Institutsleiter, Prof. von Farkas, erlitt mehrere Schlaganfälle und verstarb im Juli 1958. Das Seminar war gewissermaßen verwaist und ich ohne „Doktorvater“. Es dauerte mehr als ein Jahr bis eine Vertretung gefunden wurde und Dr. Aulis Joki aus Finnland an die Göttinger Universität abgeordnet werden konnte.

Im Frühjahr 1960 war es mir dann möglich, die Dissertation einzureichen und die mündlichen Prüfungen auch in den Nebenfächern Deutsche Philologie und Turkologie abzulegen.

Da unser Seminar mit den Deutschabteilungen finnischer Hochschulen engen Kontakt hatte, bot sich mir die Chance, unmittelbar nach der Prüfung ins Berufsleben einzusteigen.

Ich bekam die Vertretungsstelle für ein Deutsch-Lektorat an der Pädagogischen Hochschule in Jyväskylä, Mittelfinnland.

Mein Mann Bernhard war zunächst in Göttingen geblieben und arbeitete an seiner Dissertation, die er ein Jahr später mit herausragenden Zensuren abschließen konnte. Da man in Finnland jeweils den gesamten Sommer über ohne Unterrichtsverpflichtungen war – es gab jeweils ein Herbst- und Frühjahrssemester, während wir in Deutschland Winter- und Sommersemester haben – konnte unsere Trennungszeit auf zweimal sechs Wochen beschränkt bleiben.

Nach Abschluss seines Studiums reizte es Bernhard, für eine Zeit ganz nach Finnland zu kommen, um ohne Verpflichtungen im akademischen Betrieb seine gelehrten Forschungen fortsetzen zu können. Wir lösten unsere bescheidene Wohnung in Göttingen nicht auf und der Kontakt zu unserer Alma Mater blieb erhalten.


Redaktionsabschluss Ende Juni 2025


 

Beruflicher Aufstieg 1960 - 1995


 

(wird fortgesetzt)

 

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